Papst Franziskus

Motu proprio "De concordia inter Codices"

über die Änderung des Codex Iuris Canonici (CIC)

 

Bewegt von der ständigen Sorge um die Übereinstimmung der Codices sind uns einige Punkte aufgefallen, zwischen denen in den Canones des Codex des kanonischen Rechtes und des Codex der katholischen Ostkirchen Unterschiede bestehen.

Die beiden Codices enthalten sowohl teils gemeinsame Normen als auch teils besondere und eigene, was beide als autonom erweist. Gleichwohl ist es angebracht, dass auch in den besonderen Normen eine angemessene Übereinstimmung besteht. Bestehende Diskrepanzen würden sich nämlich in der pastoralen Praxis negativ auswirken, vor allem wenn es Beziehungen zwischen Angehörigen der lateinischen und einer der östlichen Kirchen zu regeln gilt.

Dies geschieht vor allem in unserer Zeit, da die Migration der Völker dazu führt, dass viele orientalische Gläubige sich in lateinischen Gebieten aufhalten. Dadurch sind nicht wenige pastorale und rechtliche Fragen entstanden, die fordern, sie mit entsprechenden Normen zu lösen. Vor allem muss daran erinnert werden, dass die orientalischen Gläubigen verpflichtet sind, ihren eigenen Ritus zu bewahren, in welchem Territorium sie sich auch aufhalten (vgl. CCEO can. 40 § 3; II. Vat. Konz., Dekr. Orientalium Ecclesiarum, 6), und dass demzufolge die zuständige kirchliche Behörde dafür sorgen muss, dass ihnen die geeigneten Mittel zur Verfügung stehen, damit sie ihre Pflicht erfüllen können (vgl. CCEO can. 193 § 1; CIC can. 383 §§ 1-2; Nachsyn. Ap. Schr. Pastores gregis, 72). Die Übereinstimmung der Normen ist ohne Zweifel ein Mittel, das sehr hilft, das Wachstum der verehrungswürdigen orientalischen Riten zu fördern (vgl. CCEO can. 39), sodass die Kirchen eigenen Rechtes die Seelsorge wirksam ausüben können.

Trotzdem muss man sich die Notwendigkeit der besonderen Gegebenheiten jener Region vor Augen halten, in der sich zwischenkirchliche Beziehungen ergeben. Im Westen, der zum größten Teil lateinisch ist, ist es angebracht, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz des Eigenrechtes der orientalischen Minderheit und dem Respekt vor der historischen kanonischen Tradition der lateinischen Mehrheit zu wahren, so dass unnötige Störungen und Konflikte vermieden werden und eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen allen in jener Region vertretenen katholischen Gemeinschaften gefördert wird.

Ein weiterer Grund kommt dazu, dass die Normen des CIC mit ausdrücklich erlassenen Verfügungen vervollständigt werden, die im CCEO ähnlich enthalten sind, die Forderung nämlich, dass diese genauer die Beziehungen mit den Gläubigen der nichtkatholischen orientalischen Kirchen bestimmen, die inzwischen in beträchtlicher Anzahl in den lateinischen Territorien ansässig sind.

Es ist auch vor Augen zu haben, dass Kommentare der Kanonisten auf gewisse Diskrepanzen zwischen den beiden Codices aufmerksam gemacht und fast einhellig aufgezeigt haben, welche die vorzüglichen Fragen sind und wie diese abgestimmt werden müssen.

Ziel der Normen, die das Apostolische Schreiben eigenen Antriebes (Motu proprio) erlässt, ist, zu einer übereinstimmenden Ordnung zu gelangen, die einen sicheren Weg aufzeigt, dem bei den einzelnen Fällen in der Pastoral gefolgt werden muss.

Der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte hat mit Hilfe einer Kommission von Experten für orientalisches und lateinisches Kirchenrecht die Fragen aufgelistet, die vor allem einer Angleichung durch eine legislative Erneuerung bedürfen und dann einen Text erarbeitet, der von etwa 30 Beratern und Fachleuten des kanonischen Rechtes in aller Welt sowie den Autoritäten der lateinischen Ordinariate für die Orientalen zu gesandt wurde. Nach Auswertung der erhaltenen Anmerkungen wurde der neue Text von der Vollversammlung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte approbiert.

Unter Beachtung all dessen verfügen wir hiermit Folgendes:

 

Art. 1. Canon 111 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt, in den ein neuer Paragraf eingefügt ist und in dem einige Formulierungen geändert werden:

§ 1. In die lateinische Kirche wird durch den Taufempfang aufgenommen ein Kind von Eltern, die zu ihr gehören oder die, falls ein Elternteil nicht zu ihr gehört, beide übereinstimmend gewünscht haben, dass ihr Kind in der lateinischen Kirche getauft wird; wenn aber diese Übereinstimmung fehlt, wird es der Kirche eigenen Rechtes zugeschrieben, zu welcher der Vater gehört.

§ 2. Wenn aber nur ein Elternteil katholisch ist, wird es in die Kirche aufgenommen, zu der dieser katholische Elternteil gehört.

§ 3. Jeder Taufbewerber, der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann frei wählen, ob er in der lateinischen Kirche oder in einer anderen Kirche eigenen Rechtes getauft werden soll; in diesem Falle gehört er zu der Kirche, die er gewählt hat.

 

Art. 2. Canon 112 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt, in den ein neuer Paragraf eingefügt ist und in dem einige Formulierungen geändert werden:

§ l. Nach dem Empfang der Taufe werden in eine andere Kirche eigenen Rechtes aufgenommen:

1° wer die Erlaubnis vom Apostolischen Stuhl erhalten hat;

2° ein Ehepartner, der bei Eingehen oder während des Bestehens einer Ehe erklärt, dass er zur Kirche eigenen Rechtes des anderen Ehepartners übertrete; ist aber die Ehe aufgelöst, kann er frei zur lateinischen Kirche zurückkehren;

3° vor Vollendung des vierzehnten Lebensjahres die Kinder der in nn. 1 und 2 Genannten wie auch in einer Mischehe die Kinder des katholischen Teils, der rechtmäßig zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes übergetreten ist; nach Erreichen dieses Alters aber können diese zur lateinischen Kirche zurückkehren.

§ 2. Der selbst längere Zeit hindurch geübte Brauch, die Sakramente nach dem Ritus einer anderen Kirche eigenen Rechtes zu empfangen, bringt nicht die Aufnahme in diese Kirche mit sich.

§ 3. Jeder Übertritt zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes erlangt Rechtskraft vom Zeitpunkt der Erklärung an, die vollzogen wird vor dem Ortsordinarius dieser Kirche oder dem eigenen Pfarrer oder einem Priester, der von einem dieser beiden delegiert worden ist, sowie zwei Zeugen, sofern das Reskript des Apostolischen Stuhls nichts anderes vorsieht; er muss im Taufbuch vermerkt werden.

 

Art. 3. Der zweite Paragraf von can. 535 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt:

§ 2. In das Taufbuch sind auch einzutragen die Aufnahme in eine Kirche eigenen Rechtes oder der Übertritt zu einer anderen, ferner die Firmung und ebenso alles, was den kanonischen Personenstand der Gläubigen betrifft in Bezug auf die Ehe, unbeschadet jedoch der Vorschrift des can. 1133, in Bezug auf die Adoption, desgleichen in Bezug auf den Empfang der heiligen Weihe und in Bezug auf das in einem Ordensinstitut abgelegte ewige Gelübde; diese Eintragungen sind in einer Urkunde über den Taufempfang immer zu erwähnen.

 

Art. 4. Der zweite Absatz des ersten Paragrafen von can. 868 CIC wird vollständig durch den folgend en Text ersetzt:

§ 1. 2° es muss die begründete Hoffnung bestehen, dass das Kind in der katholischen Religion erzogen wird, unbeschadet § 3; wenn diese Hoffnung völlig fehlt, ist die Taufe gemäß den Vorschriften des Partikularrechts aufzuschieben; dabei sind die Eltern auf den Grund hinzuweisen.

 

Art. 5. Canon 868 CIC erhält einen dritten Paragrafen mit folgendem Wortlaut:

§ 3. Ein Kind nichtkatholischer Christen wird erlaubt getauft, wenn die Eltern oder wenigstens ein Elternteil oder der, der rechtmäßig ihre Stelle vertritt, darum bitten und wenn es ihnen physisch oder moralisch unmöglich ist, sich an den eigenen Amtsträger zu wenden.

 

Art. 6. Canon 1108 CIC erhält einen dritten Paragrafen mit folgendem Wortlaut:

§ 3. Nur ein Priester assistiert gültig einer Ehe zwischen orientalischen Partnern oder zwischen einem lateinischen und einem orientalischen Partner, sei er katholisch oder nichtkatholisch.

 

Art. 7. Canon 1109 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt:

Der Ortsordinarius und der Ortspfarrer assistieren, sofern sie nicht durch Urteil oder Dekret exkommuniziert, interdiziert oder vom Amt suspendiert worden sind bzw. als solche erklärt worden sind, innerhalb der Grenzen ihres Gebietes kraft ihres Amtes gültig den Eheschließungen nicht nur ihrer Untergebenen, sondern auch der Fremden, sofern wenigstens einer von ihnen der lateinischen Kirche angehört.

 

Art. 8. Der erste Paragraph von can. 1111 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt: § 1. Solange der Ortsordinarius und der Ortspfarrer ihr Amt gültig ausüben, können sie die Befugnis, innerhalb der Grenzen ihres Gebietes den Eheschließungen zu assistieren, auch allgemein an Priester und Diakone delegieren, unbeschadet aber dessen, was can. 1108 § 3 vorschreibt.

 

Art. 9. Der erste Paragraf von can. 1112 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt:

§ 1. Wo Priester und Diakone fehlen, kann der Diözesanbischof, aufgrund einer vorgängigen empfehlenden Stellungnahme der Bischofskonferenz und nach Erhalt der Erlaubnis des Heiligen Stuhles, Laien zur Eheschließungsassistenz delegieren, unbeschadet der Vorschrift von can. 1108 § 3.

 

Art. 10. Canon 1116 CIC erhält einen dritten Paragrafen mit folgendem Wortlaut:

§ 3. Unter den Umständen von § 1, nn.1 und 2 kann der Ortsordinarius jedem katholischen Priester die Befugnis übertragen, die Ehe von Christen der orientalischen Kirchen zu segnen, die keine volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche haben, wenn sie von sich aus darum bitten und sofern einer gültigen und erlaubten Ehe nichts entgegensteht. Derselbe Priester soll, immer mit der gebotenen Klugheit, die zuständige Autorität der betroffenen nichtkatholischen Kirche von der Sache unterrichten.

 

Art. 11. Der erste Paragraf von can. 1127 CIC wird vollständig durch den folgenden Text ersetzt:

§ 1. Was die Eheschließungsform bei einer Mischehe betrifft, sind die Vorschriften des can. 1108 zu beachten; wenn jedoch ein Katholik eine Ehe mit einem Nichtkatholiken eines orientalischen Ritus schließt, ist die kanonische Eheschließungsform nur zur Erlaubtheit einzuhalten; zur Gültigkeit aber ist unter Wahrung der sonstigen Rechtsvorschriften die Mitwirkung eines Priesters erforderlich.

 

Wir ordnen an, dass alles, was von Uns in diesem Apostolischen Schreiben auf eigenen Antrieb (Motu proprio) bestimmt wurde, gültig und rechtskräftig ist ungeachtet jedweder gegenteiligen Verfügung, selbst wenn sie besonderer Erwähnung würdig wäre. Wir setzen auch fest, dass (das Apostolische Schreiben De Concordia inter Codices) durch die Veröffentlichung in der Tageszeitung L‘ Osservatore Romano promulgiert und anschließend im offiziellen Organ, den Acta Apostolicae Sedis, publiziert wird.

 

Gegeben zu Rom, an Sankt Peter, den 31. Mai des Jahres 2016, des vierten Unseres Pontifikats.

 

Papst Franziskus